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ORG-Signet

1991 / 92 Anerkennungspreis der Ostschweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

Die ORG verleiht den Anerkennungspreis der Gruppe TRITONUS für ihre in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Radio DRS produzierte CD mit alter Schweizer Volksmusik.

Sie würdigt damit die grossen Verdienste der Gruppe um die schweizerische Volkskultur, die sich gleichermassen im Sammeln der Melodien, im Nachbau der historischen Instrumente und in der überzeugenden Interpretation zeigen.


App. Baer

1992 / 93 Anerkennungspreis der Ausserrhodischen Kulturstiftung

Urs Klauser wird geehrt für seine Verdienste und Forschungen im Bereich der Alten (Volks-)Musik in der Schweiz, die er recherchiert, gesichtet, ausgewertet, rekonstruiert hat und mit seiner Gruppe TRITONUS mit alten, teils selbst rekonstruierten Instrumenten aufführt.
In der heutigen, von Hektik geprägten und und um jeden Preis immer das Neuste anstrebenden Zeit wieder ursprüngliche Werte zugänglich und erfahrbar zu machen, dafür gebührt dem Tritonus-Projekt Anerkennung.


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2004 Förderpreis der Ausserrhodischen Kulturstiftung

Urs Klauser und die Gruppe TRITONUS erhalten einen Förderpreis für ihr auf 2005/06 geplantes CD-Projekt "ALPAN", das alte Schweizer Volksmusik mit modernen Instrumenten, Klängen sowie Eigenkompostitionen verbinden wird.



Laudatio zur CD-Präsentation „Alpan“
Samstag 1. April 2006 auf dem Säntis

Bereits die erste CD (1991), für deren Forschungsarbeiten und Produktion ich die Laudatio zur ORG-Preisverleihung halten durfte, betrat musikalisches Neuland in der Schweiz und liess manchen Hörer und Musikfachmann aufhorchen und staunen. „Musikalisches Neuland“ – das tönt etwas kurios, sprechen wir doch hier von alter Musik, Volksmusik vor 1800. Aber gerade an diese alte Musik heran wagten sich bislang noch nicht allzu viele Musiker. Gründe mögen sein, dass die Grundlagenarbeiten dazu mit immensen Umtrieben, umfangreicher Forschungs- und Recherchierarbeiten verbunden sind, und dass wohl mit moderner volkstümlicher Musik, speziell dem volkstümlichen Schlager schneller Geld und Berühmtheit zu erlangen ist als mit archaischer Musik. Es ist sehr rühmenswert, dass sich Tritonus trotz dieser nicht einfachen Sachlage zum Ziel gemacht hat, die alte Volksmusik in der Schweiz und im alpenländischen Raum zu ergründen und zu erforschen, zu pflegen und wiederzubeleben. Tatsache ist, dass auch mit einem Nischenprodukt, wenn man es richtig anpackt und betreibt, Erfolg garantiert ist. Tritonus ist unterdessen ein Name mit grosser Bedeutung innerhalb der Musikszene und Forschung. Auftritte im In- und Ausland begleiteten die Formation in den letzten Jahren und machten sie zur erfolgreichsten schweizerischen Gruppe auf dem Sektor „Alte Volksmusik“. Und bald stand auch die Frage im Raum: Hat Tritonus mit jener Produktion alles „Alte“, alles „Archaische“ abgegrast, ausgeschöpft und ausgekostet? Kommt nichts Weiteres mehr zum Vorschein?
Wenn auch die Quellen für den volks­musikalischen Bereich vor 1800 rar sind, gibt es trotzdem immer wieder Trouvaillen. Nur schon im Appenzellerland sind seit der ersten Tritonus-CD zwei bedeutende Sammlungen gefunden, bearbeitet und z.T. publiziert worden: Das eine ist das Liederbüchlein der M.J.B. Brogerin aus Appenzell, 1730 (Transkription v. Urs Klauser zusammen mit Joe Manser), das andere eine Sammlung mit 55 Tanzmusikstücken, Fundort Gonten, mit Sicherheit noch aus dem 18. Jh. stammend. Sie ist bereits im Probedruck vorhanden und wird als erste Publikation des Zentrums für Appenzellische Volksmusik (Roothuus Gonten) im Herbst 2006 unter dem Titel „Altfrentsch“ erscheinen. Mehrere Stücke dieser Gontnersammlung sind  bereits in diese CD eingeflossen.
Auch in anderen Regionen der Schweiz gabs Neuentdeckungen, und all das führte schliesslich dazu, dass wir heute zur CD-Taufe Alpan zusammenkommen durften. Das ist nun schnell gesagt, denn hinter einer CD mit solch spezieller Musik steckt enorm viel Arbeit. Die beginnt beim Durchstöbern von Archiven, suchen und fragen, recherchieren und forschen, führt weiter zum Ergänzen und transkribieren, arrangieren, ausprobieren, experimentieren … und führt dann schliesslich ins Tonstudio. Ach, fast vergessen: das Booklet. Schreibt sich wahrlich nicht von selbst, Urs Klauser könnte ein Liedchen davon singen (dieses Liedchen würde allein eine CD füllen!). Aber nun ist sie da, die von langer Hand sorgfältig geplante und ebenso sorgfältig eingespielte CD mit dem besonderen Inhalt, die sicher wieder allen Ansprüchen standhält und allseits die Erwartungen erfüllt.
Seit Dezember 2003 spielt Tritonus in einer neuen Besetzung. Felicia Kraft wird anschliessend alle Stamm- und Gastmusiker vorstellen.
Alte Stücke kommen oft bruchstückhaft daher, ohne Harmonie- und Tempoangaben, in fehlerhafter Notenschrift, mit unlogischer Anzahl Takte, falsche oder fehlende Auftakte, usw. Die Erfahrung der Musiker und Forscher macht es aber möglich, diesen Fragmenten wieder Leben einzuhauchen, oder im Dialekt gesagt, daraus wieder „Livemusik“ zu machen. Ziel von Tritonus war es, traditionelle Strickmuster mit neuen Elementen zu kombinieren, und dies ist die Grundlage für die „spannende musikalische Reise“, auf welche sich Alpan nun begibt.
Sie haben den vorgängigen Stücken von Tritonus mit Genuss zugehört? Sogar Freude daran gehabt? Im Stillen vielleicht den Takt mitgeklopft oder in Gedanken gar mitgetanzt? Damit sind Sie mit einem Fuss bereits im Chefi, und haben für Ihr ungebührliches Ansinnen und Verhalten noch eine ordentliche Busse zu bezahlen. Oder wenigstens, wenn die Bussenkataloge aus der Zeit von damals noch angewendet werden. Bei Forschungsarbeiten für die Geschichte der Gemeinde Urnäsch hat Hans Hürlemann auch die Urnäscher Bussenbücher von damals durchgearbeitet und ist dabei auf diverse Einträge betreffend Musik und Tanz gestossen. Nun wäre Musikmachen allein eigentlich etwas Schönes und nichts Abstossendes. Aber sie ist mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden: das Tanzen, besonders der Paartanz. Man kam sich dabei nahe, sehr nahe, zu nahe, meinten die Gesetzeshüter. Tanzen galt als Schande, und solch ein Vergehen musste gebüsst werden. Die schlauen Urnäscher fanden bald ein Schlupfloch, um diesem Tanzverbot zu entgehen: sie trieben ihr „liederliches“ Leben ausserhalb der Gemeinmarken, in anderen Gemeinden und ganz gerne auch immer wieder im benachbarten Innerrhoden. In der der Hoffnung, hier unerkannt zu sein und von den aufsässigen Ausserrhoder Schergen nicht verfolgt zu werden:

17. Tag Heüwmonath 1717
Matthalena Böntin und Anna Staubin soll jedere 1 Pfund weilen sie durch Sabbath- und Mandats verlezung, der Hemberger Kilbj beÿ gewohnet haben
Anna Bronnerin und Hs Urich Schmid soll jedes 1 Pfund wegen dem dass sie an der Uffahrt hinderem Ham beÿ Heben Isaacen dort selbstigem Tanzen und Leichtfertigkeit zugeschaut. Und dero Tanzen, wessen sie anklagt sind, besser nachgeforschet werde

19. Junÿ oder Brachmon. 1728
Cathrina Stigerin sol 45 Kreuzer weilen sie am Sontag verdächtiger weiss in die Alpen geloffen
Abraham Rohner und Ulj Schirmer sol jeder 2 Pfund wegen danzens in Gonten.

Zusammengefasst: Alles was schön, lustig und spannend war, war gleichzeitig auch verboten. Darum musste man es ja geradezu tun! Die Leute damals waren nicht anders als die von heute: Die verbotene Frucht reizt eben am meisten.
Heute dürfen wir neue Früchte von Tritonus geniessen, und dies ohne schlechtes Gewissen: die Aufsichtspolizei ist nicht hier, es sind keine Bussen zu erwarten. Wir freuen uns öffentlich darüber, dass uns mit der neuen CD Alpan Leckerbissen serviert werden, die bedenkenlos zu geniessen sind: Ohne Risiken und Nebenwirkungen.

Die meisten Titel auf der CD Alpan sind traditionell (bearbeitet von Tritonus) und stammen z.T. aus unveröffentlichten oder schwer zugänglichen Quellen und erschienen  bisher noch nie auf Tonträgern.
Eine Serie von Tänzen aus einer Gontner-Sammlung wird interpretiert mit Geige und Drehleier – einem Streicherklang, wie er im 18. Jh. im Appenzellerland ertönt haben mag. Dass die Lyra auch im Appenzellerland gespielt wurde, hörten wir soeben in einem Eintrag aus den Urnäscher Bussenbüchern.
In weiteren Tänzen spielt die Sackpfeife mit und vermittelt dabei jenen freudvollen Klang, von dem bereits in Grimms Wörterbuch der Vers nachzulesen ist: „wo die sackpfeif im wirthshaus klingt, daselbst der lahm und blind mit frewd springt“.

Noch eine Bemerkung zum „Löckler“ auf dieser CD: Gesungen wurde diese schräge Melodie von Josef Manser, Strub, Brülisau (1907-1999), einer meiner Gross-Vettern. Der durchgehende Bordunton ist in der Transkription ebenfalls original notiert und zeigt hier noch die ursprünglichste Form des „Gradhäbe“ (Begleitstimmen zum Naturjodel). Wenn es früher „bim löckle ond rugguussele“ in gewissen Kreisen noch sehr bäuerlich und urtypisch zu und her ging, verwendete man gerne den Ausdruck: „cheit baa Chuedreck“. Wenn man Strub hörte, tönte es nicht nur nach „baa Chuedreck“, „me hete sogää no chöne schmecke“. Strub war ein lustiger und geselliger Sänger und Landwirt. Nach der Heimkehr auf seiner Alpweide „Guggeien“ (Fähneren) soll er einstmals das Küchenfenster geöffnet und den Anwesenden im Freien zugerufen haben: „So, etz gohni gi steebe“. Dies tat er dann auch tatsächlich, sein langes Leben hat in jener Nacht im Alter von 92 Jahren geendet. Und mit Josef Manser, Strub, starb der letzte Vertreter des archaischen Buuregsangs in Innerrhoden.

Ich möchte nicht weiter auf Stücke und Titel der CD eingehen: im sorgfältig ausgearbeiteten  Booklet sind sie alle präzise beschrieben, dazu kommt noch eine reiche Bebilderung.

Die vorliegende CD Alpan ist vielfältig und ideenreich. Sie kommt frisch daher, bei den Tanzmusikstücken ist sie gar „löpfig“, sei es die Violine oder die Blasinstrumente, welche den Ton angeben; es hat „schöne“ Tänze drauf, aber auch „Wüeschti“. Einziges Problem dabei: auch die „Wüeschte“ klingen schön. Das ist wie mit den Sylvesterchläusen. Und ein Stück wird geradezu als „verrukt“ bezeichnet, wobei der mutige Saxofonzwischenteil diese Verruktheit aufs verrukteste unterstützt. Überhaupt bringt dieses Instrument geschickt die neuen Elemente hinein; die Löcklervariante ist nahezu ein Free-Jazz-Stück geworden. Wer weiss, ob heute das Vieh auf den Alpen damit auch noch herbeigelockt werden könnte …
Die Lieder, einfühlsam von Felicia gesungen, drücken die tragischen und schwermütigen Inhalte, aber auch die Hoffnung gleichermassen aus, und Tatsache ist, dass alle Musiker, haben sie nun solistische oder begleitende Funktion, ihr Handwerk ausgezeichnet verstehen, die Instrumente beherrschen und sie mit den entsprechenden Klangfarben optimal in die Stücke einfliessen lassen. Sie alle formen die Melodien gekonnt mit, hauchen den Musikstücken Leben ein und lassen sie für den Hörer zu einem Klangerlebnis werden.

Tritonus stellt hohe Ansprüche an sich, an die Musik, an die Spielpraxis und die Wiederbelebung alter volksmusikalischer Zeiten. Tritonus geht noch einen Schritt weiter: die Musik wird nicht stehen gelassen in der Manier von früher, sie wird gepflegt und ausgeweitet, in die heutige Zeit hereingeholt und mit neuen Elementen durchsetzt. Dabei bleibt die Interpretation aber stets dem Archaischen verpflichtet, bleibt authentisch und ehrlich, überrascht, lässt aufhorchen. In sämtlichen Bereichen erfüllt dabei Tritonus all die Ansprüche vorzüglich, welche an eine Formation, Interpretation und Musik gestellt sind; gleichzeitig werden aber auch alle Ansprüche der Musikerkreise im Speziellen und der Hörerschaft im Allgemeinen erfüllt.

Tritonus hinterlässt mit der neuen Produktion den Wunsch nach noch mehr – aber diesen können Sie sich ja gerne erfüllen: die CD ist ab sofort erhältlich, und etliche Konzertauftritte stehen auch bereits fest. Und sollte das den Hunger noch immer nicht stillen: wer weiss, vielleicht dauerts bis zur dritten CD nicht wieder 15 Jahre!

Liebe Felicia und Lea, lieber Urs, Dani, Reto, Tobias, Andreas und Markus,
ich danke euch herzlich für Eure immense und sorgfältige Arbeit und gratuliere ebenso herzlich zu eurer Musizierfreude und der daraus entstandenen CD Alpan. Diesen Dank darf ich mit Sicherheit auch im Namen aller hier Anwesenden abstatten. Diese CD ist nicht zuletzt auch ein geglücktes Produkt dank der Erfahrung und dem Können des Tonmeisters Moritz Wetter, welcher die alte Musik mit neuester Technik vorzüglich abgemischt hat.
Ich wünsche Tritonus viel Freude und Erfolg mit der echten Volksmusik und mit Alpan. Die Glückwünsche mögen euch weiterhin begleiten auf eurer „spannenden musikalischen Reise“ im Reich der archaischen Schweizer Volksmusik.

Joe Manser
Geschäftsführer Zentrum für Appenzellische Volksmusik
Roothuus CH–9108 Gonten

 


 

Laudatio zur ORG- Preisverleihung am 3. 7. 1992

Wie gut, dass Tritonus heute spielt, und dass der Auftritt hier in Graubünden stattfindet. Denn hätten unsere Musiker dies im 16./17. Jh. einfach so an einem Freitagabend, und beispielsweise noch in meiner Heimat Appenzell I.Rh. getan, so wären sie arg mit den Behörden, mit dem Gericht in Konflikt geraten: Wenn man nämlich die Appenzellischen Grossratsprotokolle, die Geheimratsprotokolle und die vielen Mandate seit 1520 durchgeht, so findet man, dass die Appenzellischen Landesväter kaum eine nationalökonomische Sorge so beschäftigt hat, wie das Verbot des Tanzens - und damit natürlich auch des Aufspielens zum Tanz! Diese immerwiederkehrenden Verbote ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Protokolle und Verordnungen hindurch. Selbst die sogenannten Alpstubeten wurden mehrmals verboten. Ein von den Kanzeln im Lande verlesenes obrigkeitliches Mandat vom 25. Weinmonat 1581 lautet denn auch:

Ist Menglichen noch onvergessen, wie unns der Almächitig Gott, wann die Stubeten In Alpen und waiden sina gsin, uns Leider mit ongewitter, nagel unnd grossen wasser gestrafft, von wegen unnsers sündigen und basshafftigen üppigen Lebens; de(s)wegen habent wir einhellig verbotten, dass fürderhin am Sonntag und Bannen firtagen In Alpen und waiden die gemeinen grossen Stubeten, wie gmelt, verbotten söllent sin.

Und ein Mandat vom 8. Mai 1605 sagt in gleich patriarchalischer Glaubensstärke: Damit uns Gott die Frücht uf dem Feld vor Reif und Ongewitter bewahren wölle, sol das tanzen in unserm ganzen Land Appenzell tags und nachts, in hüseren, scharen und uf dem feld gänzlich verbotten sin (Mandatenbücher, Appenzellisches Landesarchiv).

Schön, dass wir darum heute wenigstens, ohne obrigkeitliche Mandate zu verletzen, diese früher oft angeklagte, verfolgte und verbotene Tanz- und Volksmusik geniessen können, ja mehr noch,sie feiern und auszeichnen dürfen.

So ändern sich eben die Zeiten - und manchmal ist das auch gut: denn früher, in einer von Krisen und Krankheiten geplagten Epoche, einer Zeit voll Angst, Aberglaube, Hexenwahn und Unsicherheit, hatten die Spielleute die wichtige Funktion, die Lebensfreude zu heben und den schweren, harten Alltag aufzulockern. So wurde an Kirchweihen und Umzügen, bei gegenseitigen Besuchen der Dorfschaften und Städte musiziert, getanzt und getrunken. Dass dabei manchmal überbordet wurde, beweisen die vorhin erwähnten Begegnungen der Spielleute mit den Gerichten und die entsprechenden Erlasse und Verbote. So ist mit besseren Zeiten auch die ursprüngliche, echte,ja gar archaische Art der Volksmusik in Vergessenheit geraten, stark zurück- und fast verloren gegangen; gewichen einer "feineren" Art von Volksmusik, beschönigt durch viele Verfälschungen, gespielt auf technisch immer vollkommeneren Instrumenten und von ausgebildeten Musikern. Urtümlichkeit wich der immer deutlicheren Forderung "wer spielen will, muss spielen können; wer singen will, muss singen können". Welch verwerfliches Postulat' Und so reichen denn die modernsten Auswüchse der sogenannten Volksmusik tief in den Kommerz hinein und endeten vorläufig wieder einmal letzte Woche im Hallenstadion Zürich beim Grand Prix der Volksmusik.

Wie beruhigend, dass es da noch die andere Volksmusik gibt, die echte, urtümliche, unbeschönigte, wieder aufgegriffen von Tritonus, die Gruppe, welche wir heute mit einem Preis auszeichnen.

Aufspüren, sammeln, erforschen - ist denn das preiswürdig?

Bestimmt allein noch nicht; da hat Tritonus noch kein Neuland betreten. Neu aber ist, was aus dieser Forschungstätigkeit fruchtet:

Tritonus lässt das Sammelgut wiedererklingen, und zwar so, wie es wohl damals von 1500 bis 1800 getönt haben mag; so, wie man damals gespielt und gesungen hat. Das bedingte auch die Rekonstruktion von alten, historischen Musikinstrumenten. Damit noch nicht genug: diese nachgebauten Instrumente erforderten auch eine zum Teil ln Vergessenheit geratene Spieltechnik, die es galt herauszutüfteln und wiederzuerlernen. Um mit all den rekonstruierten Musikstücken und -instrumenten umgehen zu können, braucht es dazu auch das notwendige musikalische Rüstzeug, Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen und so fast wie ein "Sendungsbewusstsein", die alte, in Vergessenheit geratene Musikkultur, eigentliche Volkskultur, wieder aufleben zu lassen und einem breiteren Publikum neu zu eröffnen. In eben diesem dargestellten Neuland ist Tritonus einmalig, fast einzigartig, hervorragend also im wahrsten Sinne des Wortes.

Bis jetzt habe ich stets nur von Tritonus gesprochen. Aber dahinter verbergen sich ja Personen, welche dieses alte Kulturqut der echten Volksmusik aufgreifen und wieder aufleben lassen, und mit grosser Freude darf ich Ihnen unsere Preisträger nun namentlich und persönlich vorstellen. Anlässlich eines Livekonzertes vor geraumer Zeit lernte ich alle Mitglieder von Tritonus näher kennen und konnte feststellen, mit welcher Bescheidenheit, mit welchem Engagement und Können, mit welcher inneren Ueberzeugung und Freude "ihre" Musik unseren heute so verwöhnten, ja vielleicht schon fast degenerierten Ohren dargeboten wird, aufgelockert immer wieder durch interessante Informationen über Herkunft der Stücke, Stilrichtung, Instrumente und den entsprechenden geschichtlich-volkskundlichen Hintergrund.

Die beiden Hauptinitianten von Tritonus sind Beat Wolf und Urs Klauser.

Urs Klauser ist Lehrer in Bühler AR und hat seit jeher Interesse an guter und echter Volksmusik. Nebst Forschungsarbeiten in der Schweiz über alte Volksmusik und Volksmusikinstrumente hat er verschiedene Instrumente auch selbst gebaut und spielen gelernt. Seine Spezialität: Sackpfeifen, Schalmeien und Schwegelpfeifen.

Seit 1976 arbeitet er zusammen mit Beat Wolf aus Schaffhausen.

Beat Wolf: Auch er wirkte - nach Sturm- und Drangjahren als Schlagzeuger in einer Popgruppe - seit 1975 in verschiedenen Folkgruppen mit alten Instrumenten mit. Seit 1976 ist er selbständiger Instrumentenmacher, seine Liebe gilt den Saiteninstrumenten. Nach Rekonstruktion von Drehleier, Hackbrett und Cister fasziniert ihn zur Zeit der Bau von Harfen.

Die grosse Sammlertätigkeit, die Nachforschungen über alte Volksmusik in der Schweiz, die Rekonstruktionsarbeit und die Federführung für Tritonus liegt eindeutig in den Händen von Beat Wolf und Urs Klauser. 1987 haben sie Tritonus ins Leben gerufen, zusammen mit Barbara Plouze und Dale Overturf, welche beide heute leider nicht anwesend sein können, die wir deswegen aber nicht minder ehren machten:

Barbara Plouze ist Musiklehrerin in Schaffhausen. Sie hat sich spezialisiert im Spiel von Saiteninstrumenten, nämlich Laute und Cister, grossenteils im Selbststudium. Sie ist es denn auch, welche die alten Lautentabulaturen lesen und in neue Notation umsetzen gelernt hat und damit eine Vielzahl von alten Stücken wieder spielbar machte.

Dale Overturf stammt aus Pensilvania und lebt seit über 20 Jahren in der Schweiz. Er kennt sich besonders aus in Renaissance-Musik, im Spiel der verschiedenen Flöten und Rhythmusinstrumente. Diese Instrumente setzt er in fast metronomisch exakter Weise in der alten Volksmusik ein.

In dieser Zusammensetzung spielte Tritonus bis letztes Jahr. 1991 erfuhr die Gruppe mit Felicia Kraft eine wertvolle Erweiterung. Sie ist Schulmusikerin in Stein am Rhein. Nach Gesangsstudien und intensiver Beschäftigung mit Volksmusik aus dem Balkan ist sie die Sängerin bei Tritonus geworden. Danebst leistet sie rythmische Unterstützung auf verschiedenen Percussionsinstrumenten.

Für die CD, welche letztes Jahr von Tritonus in Zusammenarbeit mit Radio DRS entstand, wurden noch Cornelia Arn (Streichinstrumente) und Paolo Imola (Hackbrett) als Gastmusiker beigezogen.

 

Liebe Felicia, lieber Beat und Urs !

Euer Formationsname "Tritonus" deutet ja auf die übermässige Quart hin, ein Intervall, welches in der alten Volksmusik geradezu typisch war, und das übereifrige geistliche Theoretiker im Mittelalter verbieten wollten, weil es den Teufel beschwöre. So wäre jetzt die Ostschweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft das kleine, heraufbeschworene Teufelchen entzückt, begeistert, ja fasziniert von(m) Tritonus. Im Vorstand der ORG, wo beschlossen wurde über diesen Anerkennungspreis, haben Regierungsvertreter aller Ostschweizer Kantone Einsitz. Und sie fanden, ganz entgegen ihrer Vor-vorfahren in den Regierungen (welche diese Art Musik immer wieder verbieten und Musiker zurechtweisen mussten), sie alle fanden Gefallen an dieser urtypischen Volksmusik. So ist es mir eine Ehre, als Vertreter dieses Vorstandes ORG, Euch die grosse Anerkennung auszusprechen für die besondere Leistung, welche Ihr erbracht habt und immer wieder erbringt auf den Gebieten der Forschung alter Schweizer Volksmusik, des Sammeln der Rekonstruktion von Musikstücken und -instrumenten, der erfrischenden, spontanen und informativen Präsentation diese alten Volksmusik und gleichzeitig Volkskultur.

Verbunden mit dieser Anerkennung und einem herzlichen Dank für Eure wertvolle Tätigkeit, ermuntere ich Euch, dieser Linie treu zu bleiben und mitzuhelfen, der Volksmusik all das zurückzugeben, was man ihr genommen hat!

Joe Manser, 3. Juli 1992

 

Copyright © 2013 by "TRITONUS": Urs Klauser, CH- 9055 Bühler; sw-Fotos: Dieter Langhart, Ch 9500 Frauenfeld; Farbiges Coverbild: Ruedi Küenzi, CH-8252 Schlatt